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2019 Mauretanien

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Vom 23. November bis 4. Dezember 2019
 
"Heute fahren wir ans Meer"
 
18 staubige Stunden im offenen Güterwaggon
Die Sache mit dem Hobo ist für uns gestorben. Wir sind eindeutig zu alt, um auf der Achse eines Güterwaggons als blinder Passagier durch die USA zu reisen. Aber wenn schon nicht unter einem Waggon, dann wenigstens auf einem Waggon. In Mauretanien gibt es eine fast 700 Kilometer lange Bahntrasse, auf der ein solcher Ritt möglich ist. Nicht nur möglich, sondern sogar nötig, denn eine vernünftige Straße von der Minenstadt Zouérat bis ans Meer gibt es nicht. Doch selbst der Lonely Planet -Reiseführer rät von einer Fahrt, die zwangsläufig auch in der Nacht stattfindet, ab: "Brutally basic" sei die 18-stündige Reise auf einem mit Eisenerz gefüllten Waggon.
Irgendwie hört sich das so an, als wäre es genau das Richtige für uns...  
Kontraste in der Hauptstadt Nouakschott: Geschäftiges Treiben und die bis heute noch übliche "Wasserversorgung" (Trinkwasser in Fässern).
Das Straßenbild prägen 25 bis 30 Jahre alte Mercedes-Limousinen. Die Autos sind größtenteils in einem Zustand, den man in Deutschland als "presswürdig" bezeichnen würde. Bei den Minibussen – ebenfalls meist Mercedes – fehlen oftmals die hinteren Flügeltüren. Zum Ein- und Aussteigen ist das ja auch praktischer. Die meisten Autos und Minibusse (große Busse haben wir nirgends gesehen) fungieren offensichtlich auch als Taxis. Einen geregelten öffentlichen Nahverkehr mit Buslinien, Haltestellen und Fahrplänen gibt es in der Millionenstadt nicht.
Aber Nahverkehr interessiert uns auch nicht, unser Augenmerk ist ja auf die Güterzugstrecke gerichtet, die 500 Kilometer nördlich der Hauptstadt verläuft.
Direkt hinter der Stadtgrenze weichen die niedrigen Steinbauten mehr und mehr Wellblechhütten und Nomadenzelten. Bald sind wir nur noch von Wüstenlandschaften umgeben. Rotschwarze Tafelberge – davor und dazwischen Sanddünen. Nur vereinzelt ist ein Fleckchen mit spärlicher Vegetation auszumachen, auf dem sich dann Kamele und Ziegen um das wenige Grün streiten. Durch flimmernde Luft entstehen Fata Morganen, die täuschen echt aussehen.
Auf der Strecke nach Atar machen wir in Akjouit Pause. Das Rasthaus ist ein flaches Haus, dessen Dach aus aufgebogenen Blechfässern besteht. Die lehmverputzten, blaugrün gestrichenen Wände verleihen der Hütte eine gewisse Note. Wir sitzen auf dem Boden, essen Baguette und trinken den unaufgefordert angebotenen Tee.
Vor der Eingangstür baumelt eine frisch geschlachtete Ziege an einem Strick. Das Blut tropft auf den sandigen Boden - ein Festmahl für die Fliegen.
Ein Abstecher bringt uns über die ausgedehnten Höhen des Adrar-Massivs nach Chinguetti. Der Ort hat Weltkulturerbe-Status, berühmt für sein Stein-Minarett und die Bibliothek. In den sandigen Gassen ziehen Ziegen umher und streiten sich um die besten Plastikstücke. Von einer kleinen Anhöhe blicken wir über den Ort. Die einstöckigen Häuser werden unaufhaltsam von den Sanddünen vereinnahmt.
In der Bibliothek klappt ein Bediensteter für uns mit weißen Handschuhen ein bunt bebildertes Original aus dem 13. Jahrhundert auf. Insgesamt lagern hier 1500 Bücher in Stahlschränken. Doch anders als sonst fehlt uns der Drang zum kulturellen Tiefgang. Die Gedanken kreisen mehr und mehr um unser eigentliches Ziel in Mauretanien: Die Fahrt mit dem Eisenerz-Zug!
Von Atar geht es weiter in einem voll besetzten Minibus Richtung Nordost. Noch 160 Kilometer auf dem neuen schwarzen Teerband, bis wir die ersehnten Schienen erreichen werden.
In Choum angekommen zieht es uns sofort an die Gleise! Endlich sind wir da! Hier wird morgen Vormittag hoffentlich ein Zug langsam vorbeifahren, ja vielleicht anhalten, der uns in einem leeren Waggon bis in die Minenstadt Zouérat bringt.
Im warmen Licht der untergehenden Sonne laufen wir gut einen Kilometer in östlicher Richtung. Wir fragen uns, wo das Aufspringen auf den Zug günstig sein wird. Einen Bahnhof oder etwas Ähnliches gibt es hier natürlich nicht – nur zwei parallel verlaufende Gleise im Wüstensand.
Empfehlung: Vollbild und Ton an!
Nach fünf Stunden haben wir Zouérat erreicht. Die Minenstadt mit ihren 40.000 Einwohnern liegt am Fuße von schwarzroten Tafelbergen. Hier wird schon seit den 60er-Jahren der begehrte Rohstoff im offenen Tagebau gefördert.
Unser Gastgeber legt wie offensichtlich die meisten Mauretanier großen Wert auf eine gepflegte Teerunde. Charly darf sich auch mal daran versuchen, durch mehrfaches Umschütten möglichst viel Schaum in die Gläschen zu bekommen.
Am nächsten Morgen wollen wir mit dem nächsten diesmal über die Erz-Beladungsstation voll beladenen Zug in Richtung Meer fahren. Die kurze Fahrt zur Minenstadt war ja nur zum Eingewöhnen.

Die richtige Stelle, an der es möglich ist, einen Waggon zu besteigen, liegt weit außerhalb der Stadt und wäre ohne Hilfe der Einheimischen nicht zu finden.
Jetzt liegen ca. 18 Stunden vor uns. Dann wird sich zeigen, ob unsere Ausrüstung ausreichend ist. Griffbereit halten wir Handschuhe, Schutzbrille, Turban-Tuch und Staubmaske.

Die Fahrt beinhaltet auch Nachtstunden, angeblich soll es in der Wüste im November nicht unter 10 °C werden.
Um 9:45 Uhr hält der Zug in Nouadhibou! Was für eine Fahrt. Insgesamt hat sie 17 Stunden und 45 Minuten gedauert. Wir klettern erzstaubverschmiert, aber bestens gelaunt von dem Waggon.
Nach dem Abstieg von unserem Waggon noch ein letzter Panoramablick auf den zwei Kilometer langen Zug, bevor dieser mit seiner wertvollen Fracht aber ohne uns in den Hafenanlagen verschwindet.
Nach einer ausgiebigen Körperwäsche stehen die Besichtigung des Schiffsfriedhofs und des Fischereihafen auf dem Programm. Der Hafenbereich, wo der Zug entleert und das Erz auf Schiffe verladen wird, ist eingezäunt – dort kommen wir auch mit unserem Fahrer Idoumou nicht hinein! Die Halle, in der die Waggons entkoppelt und gedreht werden, hätten wir uns nur zu gerne angeschaut!  
Den hier zu sehenden angeblich weltgrößten Schiffsfriedhof haben wir uns anders vorgestellt.
Von Nouadhibou geht die Fahrt zum Nationalpark Banc d´Arguin. Das Bild zeigt unseren Fahrer auf dem Beifahrersitz. Wir wissen nicht was er in der letzten Nacht angestellt hat, aber er war tagsüber so müde, dass Jürgen kurzerhand das Steuer übernommen und sich hat sagen lassen, in wieviel Kilometer er Idoumou wecken soll, um die Straße zu verlassen, denn dann geht es quasi durch die Wüste in Richtung Meer.
 
 
Mitten im Nationalpark Banc d´Arguin liegt das Fischerdorf Nouamghar. Dort beziehen wir eine größere Hütte, die offensichtlich für Gäste vorbereitet ist. Von außen eher unscheinbar, im Inneren aber gemütlich mit Teppichen ausgelegt und ausreichend Matten zum Schlafen an den Seiten.
Die Bewohner des Ortes leben – wie auf den Leinen zu sehen – vom traditionellen Fischfang.
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